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Das war die Konferenz von februar 2020

versöhnt leben

Eine Konferenz über Chancen und Grenzen von Versöhnungsprozessen, beleuchtet aus den Perspektiven verschiedener Fachbereiche.

 

Stimmungsbilder


Markige Sätze von Referierenden

(audiovisuelle ausschnitte aus den interviews)

Christine Schliesser

Die Konferenz «versöhnt leben» ist für mich ein ganz grossartiges Ereignis, weil sie ein Thema aufnimmt, was jeden Menschen unmittelbar betrifft. ... Versöhnung kann einerseits nicht diktiert werden, andererseits ist es eine der am meisten unterschätzten Ressourcen, eine Lebensbefreiung, deren Chancen und Möglichkeiten wieder neu ans Licht gebracht werden sollten.

 

Mathias Allemand

Es gibt Persönlichkeitsfaktoren, die helfen, dass man eher verzeihen kann. So kann eine Person, die gut mit Gefühlen umgehen kann, im Umgang mit anderen eher verträglich ist, und auch mal sagen kann «Schwamm drüber», dies als Bewältigungsmöglichkeit nutzen.

 

Christophe M., RUanda

Unser Ziel mit carsaministry.org ist, Gemeinschaften in ihren Bemühungen für Heilung, Vergebungsbereitschaft und Versöhnung zu unterstützen – ganzheitlich, denn auch ökonomische Entwicklung der Gemeinschaften gehört dazu. Ein Schwerpunkt in dieser Arbeit ist die Begegnung von Opferhinterbliebenen und Tätern.

 

Wilf Gasser

Wegen der zunehmend divergierenden Stimmen in der heutigen Gesellschaft ist das Thema dieser Konferenz wichtig. Es gibt nicht viele Plattformen, wo diese Interdisziplinarität so zum Tragen kommt wie hier.

 

Walter Dürr

In einer Zeit, da die Gesellschaft immer fragmentierter wird und die verschiedenen «Pole» immer weniger miteinander reden können, ist es wichtig, Orte zu haben, wo man sich bemüht, hinzuhören und die unterschiedlichen Perspektiven zusammen zu führen. So bin ich dankbar für diese Konferenz, denn es fördert Einheit in der Vielfalt, die wir in der Gesellschaft eh schon haben.

 

Daniel Hell

Zu den Ursachen der Schwierigkeiten, sich zu versöhnen, gehören tiefe Verletzungen, Kränkungen. Eine Aufforderung zur Versöhnung kann dann eine grosse Überforderung, Belastung und gar Beschämung sein. Mitunter gelingt der Sprung über den eigenen Schatten nicht.

 

Andrea Bieler

Versöhnung ist ein Prozess zur Herstellung eines gewaltfreien zukunftsfähigen Verhältnisses zwischen Feinden oder Opfern und Tätern. Dabei spielt die Art der Erinnerungskultur eine grosse Rolle: Es kann z.B. eine Retraumatisierung passieren, oder niederdrückende oder lähmende Kräfte können der Überwindung einer Opferhaltung entgegenstehen.

 

Johannes Czwalina

Solche Konferenzen sind wichtig, weil sie uns zwingen, uns auf die Werte zu konzentrieren, die uns wirklich weiterbringen. So hat eben der Wert der Versöhnung eine unglaubliche Kraft, birgt in sich unglaublich viel Lebensfreude. Leider beachten wir solch wichtige Dinge oft nicht – weil man darüber nicht spricht. Hier spricht man darüber, und so hoffe ich auf viele weitere solche Konferenzen.

 

Hansjörg Znoj

Solange der Mensch verbittert ist, hat er ein bestimmtes Thema: Er möchte, dass etwas ganz Bestimmtes kompensiert wird. Solange dies nicht erfolgt, ist kein Frieden möglich. Aber wenn irgendwann die Bereitschaft entsteht, auch den eigenen Beitrag zum Konflikt zu sehen und die Perspektive des vermeintlichen Täters anzuerkennen, gibt es Chancen.

 

Martin Leiner

Beim unserem Forschungsprojekt zu Empathieentwicklung zwischen israelischen und palästinensischen Studierenden ist die Ausgangslage die, dass beide Gesellschaften weder vom Leiden der anderen reden noch Wissen über die Zusammenhänge haben. Zumindest dies konnte beim Besuch der jeweiligen Leidensorte (NS-Konzentrationslager; heutige Flüchtlingslager für Palästinenser) behoben werden. Für die Empathieentwicklung gibt es aber noch viele Hürden.

 

Katharina Heyden

Aus einer innerchristlich-theologischen Perspektive würde ich mir mehr Gelassenheit wünschen, die das, was von den Menschen her an Versöhnlichem kommt, ernst nimmt – und dabei weniger Versöhnung einfordert oder gar einklagt.

 

Johannes Reimer

Die christlichen Gemeinden sollen Zentren von Versöhnung werden, wobei sie zunächst auch die Unversöhnlichkeiten im eigenen Umfeld wahrnehmen und «bearbeiten». Für die evangelikalen Gemeinden ist hier jedoch nötig, den Blick zu weiten: von «Gott liebt dich» zu «die Welt braucht dich». Die «Ich-Betonung» hat leider oft den Weltbezug überlagert. So ging Versöhnung als Thema vergessen.

 

Thomas Schlag

Die Jugend ist die kommende Generation, von der wir uns viel erwarten für die Gesellschaft. So stellt sich für die Kirche die Frage, welchen Beitrag sie dazu leisten kann, damit auch Jugendliche für Versöhnung sensibilisiert werden. Die Konfirmationsarbeit ist eine Möglichkeit deutlich zu machen, dass Versöhnung im Kleinen beginnt. Was dann gelingt, kann auch in den Alltag und in die Gesellschaft getragen werden.


Stimmen von Konferenzteilnehmenden

  • Vielen, vielen Dank für den Mut, dieses interdisziplinäre Wagnis einzugehen.

  • Zuerst muss sich jetzt alles setzen, aber auf jeden Fall möchte ich mich mehr für die Bildung in Richtung Versöhnung und Frieden einsetzen.

  • Bin motiviert, Versöhnungsversuche in meinem privaten Bereich sofort zu leben.

  • Es gibt tatsächlich Themen, bei denen es essentiell ist, aus anderen «Lagern» zu hören. Interdisziplinäre Arbeit ist viel wichtiger als ich dachte.

  • Das war ein Augenöffner für die Vielfältigkeit des Themas.

  • In gewissen Wertekonflikten gibt es keine Versöhnung auf der Werteebene. Trotzdem kann man zusammenleben – ja gar zusammenarbeiten.

  • Versöhnung ist ein extrem komplexes Geschehen. Es gibt kein Grundrezept, irgendwie bleibt es auch ein Geheimnis, oder ist ein Geschenk, Gnade. Dennoch, es ist so zentral darüber nachzudenken und nach Umgangsmöglichkeiten zu suchen und zu ringen, denn es betrifft uns alle. Wir müssen dranbleiben und mutige Schritte wagen, auch wenn es schwierig ist und immer ein Wagnis bleibt.

  • Versöhnung gehört zum Kernauftrag der Kirche.

  • Eine gewisse Versöhnung mit sich selbst als Voraussetzung für Versöhnungs-Arbeit

  • Die hohe und engagierte Interdisziplinarität des Nachdenkens über Versöhnung lässt für die Zukunft hoffen.

  • Vergebung befreit Opfer und Täter – wichtig zu bedenken, denn Traumata wirken nach und werden zunehmend stärker.

  • Wir können voneinander lernen - unbedingt eine weitere Tagung planen!